Der unfassbare Gewalt-Exzess im U-Bahnhof Friedrichstraße erzürnt viele Politiker und Experten. Sie werfen dem Senat vor, nicht genug gegen die Verrohung der Stadt zu unternehmen. Und sie schießen scharf gegen die Kuschel-Justiz, die Hass-Treter Torben P. (18) freiließ. Warum werden so oft die Täter beschützt – und die Opfer immer wieder alleingelassen?
Die Attacke auf Markus P. (29) beschäftigt sogar den Bundestag. Wolfgang Bosbach (CDU), Vorsitzender des Innenausschusses, rügt die Freilassung: „Das ist sehr, sehr schwer verständlich und für das Opfer unbegreiflich. Die Staatsanwaltschaft beantragte zurecht U-Haft.“ Allein aufgrund der Schwere des Tatvorwurfs wäre es laut Bosbach möglich gewesen, auf Haftverschonung zu verzichten.
„Nein! Wir haben ein gutes Strafrecht, das gilt auch für das Jugendstrafrecht. Bundesweit sinkt die Jugendgewalt“, so der Kriminologe Christian Pfeiffer zu uns. Bestehende Gesetze müssten nur konsequent angewendet werden.
Pfeiffer: „Ehrlich gesagt bin ich über den Richter erstaunt. Bei der Schwere der Tat ist abzusehen, dass den Täter eine Strafe erwartet, die über eine Bewährungsstrafe hinausgehen kann. Dann aber lässt sich sehr wohl Fluchtgefahr begründen mit der Folge einer fortbestehenden Untersuchungshaft. Das Signal, das hier nach außen geht, kann missverstanden werden.“
Bei Fluchtgefahr oder Verdunkelungsgefahr (unter anderem Zeugenbeeinflussung).
Einen „Warnschussarrest“ fordert Günter Krings, Fraktions-Vize der Union: „Junge Straftäter erfahren so konkret, was es bedeutet, hinter Gittern zu sitzen.“ Berlins CDU-Chef Frank Henkel will, dass Polizei und Justiz „härter und schneller durchgreifen“. Der Grüne Christian Ströbele glaubt, dass die bereits heute möglichen Höchststrafen zu selten ausgeschöpft werden. Die Polizei-Gewerkschaft GdP fordert mehr Polizeipräsenz in Großstädten, insbesondere in U- und S-Bahnen.
Pfeiffer: „Es ist eine unsinnige Debatte, gebetsmühlenartig vorgetragen und unter populistischen Vorzeichen geführt. Denn es wird unterstellt, angetrunkene Täter ließen sich von Überlegungen über die Höhe des Strafmaßes oder Schlagworten wie dem jetzt geforderten »Warnschussarrest« beeindrucken. Nur ein hohes Risiko, überführt zu werden, schreckt wirklich ab.“
Weniger populistische Debatten führen, dafür mehr Geld in die Hand nehmen, und dieses in Polizei und deren Ausrüstung investieren. Dazu: die Situation junger Menschen verbessern.
Auch Christian Pfeiffer (67), Kriminologe und Ex-Justizminister Niedersachsens sagt: „Ich bin über den Richter erstaunt!“ Bei der Schwere der Tat sei abzusehen, dass den Täter eine Strafe erwarte, die über Bewährung hinausgehe.
Pfeiffer: „Dann aber lässt sich sehr wohl Fluchtgefahr begründen.“ Der Berliner Innenexperte Benedikt Lux (Grüne) fordert Härte: „Jetzt kommt es darauf an, dass der mutmaßliche Täter so schnell wie möglich verurteilt wird – am besten in den nächsten zwei Monaten.“
Auch Andreas Gram (CDU), Vorsitzender des Rechtsausschusses im Abgeordnetenhaus, ruft die Justiz zur Eile auf: „Es muss unverzüglich Anklage erhoben werden. Wir befassen uns am 4. Mai im Ausschuss mit dem Fall.“ Gram wertet die Täter-Freilassung als „unseligen Ausfluss des Haftrechts, das wir im Moment haben“.
Oberstaatsanwalt Holger Freund verteidigt die Entscheidung des Richters Sebastian Jacobs (46): „Die mir bekannten Fälle ohne Haftverschonung hatten entweder einen Auslandsbezug des Täters im Hintergrund oder die Täter waren einschlägig vorbelastet.“ Das alles trifft auf Torben nicht zu. Freund: „Er lebt in einem sozial gesicherten Umfeld, ist nicht vorbelastet und hat bei Polizei und vor dem Richter ein plausibles Geständnis abgelegt.“ Alles Gründe für Haftverschonung.
Gerichtssprecher Tobias Kaehne sagt: „Der Richter muss in so einem Fall immer das mildeste Mittel anwenden.“ Sebastian Jacobs ist ansonsten als hart durchgreifender Jurist bekannt.
Vorwürfe richten sich auch gegen den Senat, besonders gegen Innensenator Ehrhart Körting (SPD). Bernd Krömer, Berliner CDU-General, wirft ihm vor, außer starken Sprüchen nichts zu bieten zu haben. Er sagt: „Körting ist das Heißluftgebläse der Inneren Sicherheit.“ Auch Kriminologe Pfeiffer rügt: „Berlin hat die niedrigste Aufklärungsquote bei Gewalttaten im Land."
Justizsenatorin Gisela von der Aue (SPD) hält dagegen: „Wir haben die Verfahren am Jugendstrafgericht stark beschleunigt. Ein Mittel sind die sogenannten ,vereinfachten’ Jugendverfahren, wo auf einige Förmlichkeiten verzichtet werden kann.“
Um besser gegen Jung-Täter vorgehen zu können, plant die Bundesregierung einen Warnschuss-Arrest. Wird ein Jugendlicher nur zu Bewährung verurteilt, kann er so trotzdem für vier Wochen eingesperrt werden. Die Gewerkschaft der Polizei beklagt, dass viele Jugendliche die Öffentlichkeit als rechtsfreien Raum sehen. Sie fordert auch, den Opfern von Straftaten mehr Aufmerksamkeit zu schenken.
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